Petra Polli - Bildende Künstlerin

26.05.2020
Alumnae & Alumni Stories
Petra Polli | © Privat

Extrem Produktive Corona-Zeiten

Petra Polli:
Bildende Künstlerin

Bozen & Leipzig

 

Wie hast du die Corona-Zeit als Künstlerin in Bozen erlebt?

Die Corona Zeit war für mich von Anfang an eine extrem produktive. Ich habe täglich zwei kleine Tuschearbeiten zur Serie TRACKS gemacht, wo die Natur/der Wald das zentrale Motiv ist. Zu Beginn waren die Arbeiten schwarz/weiß wie in der Serie „Tracks“. Im Laufe der Corona-Zeit änderte sich die Farbigkeit und die Stimmung in meinen Bildern. Mit den verschärften Einschränkungen und der Dauer der Quarantäne wurden die Farben wärmer, intensiver und die Bilder sinnlicher. Die Sehnsucht ins Freie, in den Wald zu gehen wurde immer stärker.

Ich habe den Eindruck, dass die Maßnahmen in Südtirol bzw. Italien strenger waren, als bei uns in Österreich...

Genau. In Bozen war es zu Beginn so, dass man sich nur 200 Meter von seinem Wohnort entfernen durfte. Das war etwa drei Wochen der Fall. Man konnte nur zum Einkaufen rausgehen und um kurze Spaziergänge zu machen. Sport war nicht erlaubt. Wir bekamen jede Woche neue Regeln und Maßnahmen-Pakete. Zuerst waren diese sehr streng, dann wurde der Bewegungsradius von 200 auf 400 Meter erweitert. Irgendwann durfte man wieder ein wenig Sport machen, zumindest Laufen. Radfahren war noch nicht erlaubt. Freunde und Familie durfte man ebenso wenig besuchen. Nach zwei Monaten bestand die Lockerung darin, dass man zu Fuß soweit gehen durfte, wie man konnte. Erst jetzt, Ende Mai, darf man sich in Südtirol wieder frei bewegen, auch mit dem Auto fahren und die Freunde und die Familie treffen. Maskenpflicht besteht nach wie vor, sobald man die Wohnung verlässt.

Ich weiß, dass du ein kleines Atelier in der Wohnung hast. War das ein Glücksfall?

Ja. Es war so, dass ich mein Atelier aufgeben musste, da ich als Künstlerin die ersten zwei Wochen nicht in mein Atelier gehen durfte. In weiser Voraussicht habe ich mir zuhause einen Raum zum Arbeiten eingerichtet. Das Gute war, dass es immer schönes Wetter gab. Das hat die Corona-Zeit leichter gemacht. Vor allem für jene, die einen Balkon hatten.

Wie kann man sich die „Corona-Produktivitätssteigerung“ im Vergleich zu einer normalen Schaffensphase vorstellen?

Ich habe das Pensum eines normalen Jahres nun in zwei Monaten geschafft.

Du hast die Corona-Zeit also gut genutzt und warst produktiv. Hast du auch schon Pläne, wo du die Bilder zeigen wirst?

Es gibt bereits geplante Ausstellungen, die demnächst stattfinden – wenn auch noch nicht klar ist, wie und ob es eine Vernissage geben wird und ob Kontakt mit dem Publikum möglich sein wird.

Wann dürfen in Südtirol wieder Ausstellungen stattfinden?

Die Museen dürfen am 29. Mai für das Publikum öffnen. Im Juni werde ich Arbeiten im Museion in Bozen zeigen. Die zweite Ausstellung im Juni, in der ich Arbeiten der Serie TRACKS zeige, wird im Palais Mamming Museum in Meran stattfinden. In dieser Ausstellung findet ein Künstlergespräch, leider ohne Publikum, statt. Das Gespräch wird aufgezeichnet und ins Netz gestellt.

Was waren die größten Herausforderungen während der Corona-Quarantäne?

Die größte Herausforderung war für mich die soziale Distanz. Niemanden treffen zu dürfen, keine Familie, keine Freunde. Wobei es mit den zunehmenden Videotelefonaten auch eine positive Entwicklung gab. Manche Kontakte wurden dadurch wieder intensiviert. Ich habe das als sehr intensive Zeit erlebt, jedoch auch als Zeit, in der leider viele Ausstellungen abgesagt werden mussten.

Welche Rahmenbedingungen brauchst du als Künstlerin, um wieder „normal“ arbeiten zu können?

Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen jetzt wieder gegeben. Allerdings muss man sich als Künstler Gedanken machen, wie ein alternativer Ausstellungsmodus stattfinden kann. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, die Arbeiten verstärkt ins Netz zu bringen und virtuelle Führungen und Künstlergespräche zu machen, wie es einige Museen jetzt schon praktizieren. Dennoch sind die Interaktion und der Kontakt mit dem Publikum das Wichtigste.

Gibt es in Italien Hilfsprogramme für Künstler*innen?

In Südtirol wurde vom Künstlerbund und der Südtiroler Landesregierung eine Initiative gestartet, um Künstler in dieser Zeit zu fördern. Es gab eine Soforthilfe von 600,- Euro, die hat gut funktioniert. Als Tätigkeitsnachweis stellte man dafür ein Kunstwerk, das zum Kauf angeboten wurde, auf einer eigenen Plattform online. Eine zweite Initiative wurde vom Staat für Freiberufler und Unternehmer geschaffen. Diese Hilfe war vom Einkommen desselben Monats im letzten Jahr abhängig. Künstler verdienen jedoch nicht regelmäßig. Wenn also das Einkommen im April 2019 schlecht war, wirkt sich das auch auf die Hilfe im Jahr 2020 aus.

Wie siehst du die nächsten Wochen und Monate?

Jetzt ist für mich eine gute Zeit, um Initiative zu ergreifen, aktiv zu werden und Projekte zu initiieren. Ich fühle mich in einer Aufbruchstimmung.

www.petrapolli.com

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