Die Querflötistin und Instrumentalmusikpädagogin Sofiia Musina kam im April 2022 nach Salzburg an die Universität Mozarteum. Von 2017 bis 2022 studierte sie an der „Borys Grinchenko Kyiv University“ in der Ukraine und erlangte den Masterabschluss „Master of Musical Art. Educational and Professional Program: Musical Art“. Ihre Masterarbeit verfasste sie über den ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk.
Kunst wird auch in den schwierigsten Zeiten immer da sein - Meral Guneyman
Meral Guneyman ist eine vielseitige klassische Musikerin, mit zahlreichen Veröffentlichungen, die sich sowohl in der Pop- als auch in der Jazzmusik wohlfühlt, viele Originalwerke transkribierte und darüber hinaus eine begeisterte Arrangeurin und Improvisatorin ist. Ihre Fähigkeit, sich blitzschnell und überzeugend zwischen Klassik und Jazz zu bewegen, ist eine Seltenheit. 2021 wurden ihre Arrangements klassischer David Bowie-Songs erstmals auf „Steinway-Spirio“ präsentiert - ein hochauflösendes Selbstspielsystem von höchster Qualität.
Meral Guneyman
Pianistin
Pennington, New Jersey, Vereinigte Staaten von Amerika
Die Aufnahmen sind in der „Spirio-Bibliothek“, die ständig erweitert wird, international verfügbar. Sie ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe, trat bei vielen internationalen Festivals auf und arbeitete mit einer Reihe von namhaften Orchestern. Als Akademikerin und Pädagogin hat sie Meisterklassen, Informationsveranstaltungen und Konzerte an der Harvard University, dem Massachusetts Institute of Technology und dem Purchase College gegeben. Darüber hinaus in Georgetown, an der Princeton University, an der New York University, der Bosphorus University und vielen anderen Universitäten. Sie ist zweimalige Gewinnerin des Judelson Awards und des Laura Conover Pädagogikpreises in New York. Meral ist stets an der Förderung zeitgenössischer Musik interessiert und engagiert. Sie hat Werke von Justin Dello Joio, Ilhan Mimaroglu, Dick Hyman, Pablo Ziegler und anderen uraufgeführt. Über ihre künstlerische Tätigkeit hinaus engagierte sie sich für viele Wohltätigkeitsorganisationen, für die sie erfolgreich Spenden gesammelt hat.
Seit 16 Jahren ist sie als „Steinway Artist” tätig und seit 10 Jahren Cultural Advisor of World Council of Peoples for the United Nations. Meral ist Alumna der „The Juilliard School“ und des „Berklee College of Music“ sowie der Internationalen Sommerakademie der Universität Mozarteum Salzburg.
Wie sind Sie 1969 an die Internationale Sommerakademie Mozarteum gekommen?
Mein Professor am Istanbuler Konservatorium war Friedrich von Statzer. Ein Österreicher, der am Mozarteum Klavier und Komposition studiert hat und mit Friedrich Wührer und Emil von Sauer gut bekannt war. Von Statzer lebte seit 1932 in der Türkei. Das war mein großes Glück, ebenso wie für zahlreiche andere Virtuosen, die er hervorgebrachte, einschließlich meiner Schwester Professorin und Konzertpianistin Tiraje Güneyman Ruckman. Statzer war ein außerordentlicher, sehr ernsthafter Lehrer, aber gleichzeitig ein netter, sanfter Mann. Seine Beziehung zum Mozarteum, seine eigene Erfahrung und seine Freundschaft mit Wührer, spielten eine große Rolle dabei, meine Schwester und mich zu den Sommerkursen nach Salzburg zu schicken. Er wollte, dass wir unseren Horizont erweitern und unsere Kunst weiterentwickeln können. Und so taten wir es.
Wie war das damals? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Es war toll und magisch. Erstens in einer Umgebung zu sein, die historisch und musikalisch von so großer Bedeutung war, und zweitens, in eine Europäische Institution zu kommen, in die Gegenwart legendärer Künstler, für diese zu spielen und von ihnen zu lernen. Es war ein fantastisches Privileg. Das Beste war, in eine ganz neue musikalische Gruppe mit Menschen aus vielen Teilen der Welt zu kommen, die Musik, die wir geteilt haben, die Begeisterung für das neue, bunte Repertoire, das ich gehört habe. Es war das Gefühl der ersten Schritte zu einer künstlerischen Tätigkeit, die ein Leben lang Bestand haben würde. Wissen Sie, ich blicke auf die Bilder des alten Mozarteum-Gebäudes und es treibt mir Tränen in die Augen, aufgrund seiner architektonischen Schönheit und all den Erinnerungen meiner pianistischen Jugend.
Gibt es eine besondere Erinnerung?
Ja, als meine Schwester und ich ausgewählt wurden, beim Abschluss-Konzert im Mozarteum als Solistinnen und im Duo zu spielen. Professor Wührer sagte uns, dass unsere Ravel-Performance aufnahmewürdig war. Wir freuten uns sehr. Ich glaube, das Konzert fand in dem schönen Wiener Saal statt. Schade, dass wir damals keine Mobiltelefone hatten und die Situation mit Kamera und Ton aufnehmen konnten.
Was sind Ihre schönsten, aber auch wichtigsten Erfahrungen in Ihrem Beruf?
Es gibt so viele schöne und wichtige Erfahrungen, aber der erste wichtige Wettbewerb, den ich gewonnen habe, der zu drei Konzerten unter der Leitung von Michael Tilson Thomas führte, mit Buffalo Philharmonic und Pittsburgh Symphony, war unglaublich. Sechs Finalist*innen haben bei der „Naumburg International Piano Competition“ ein Rezital Programm im großen Saal der Carnegie Hall gespielt. Als ich von dem erstaunlichen Steinway-Flügel aufblickte, schien es, als ob es kein Dach gäbe und man konnte in den Himmel blicken, und das Klavier klang wie Engelsgesang. Ich habe darüber hinaus am Mexico Cervantes Festival teilgenommen, meine Konzerte waren in einem Kloster mit Blick auf Gärten voller Schmetterlinge, als ich spielte. Außerdem freundete ich mich in den Siebzigern mit dem Jazzpianisten Bill Evans an. Während seiner Pausen an der Village Vanguard haben wir viele Unterhaltungen geführt. Er lud mich in sein Haus ein, ich durfte seine Familie kennen lernen und wir verbrachten einen Nachmittag mit Musik, als er meine Kompositionen anhörte, und für mich spielte. Auch meine erste Aufnahmesitzung für Warner Records, in den RCA Studios war atemberaubend. Als ich durch die Korridore ging, in denen die Goldenen Schallplatten von berühmten Musikern an den Wänden hingen, fragte ich mich: was mache ich hier?
Inwiefern hat sich der Beruf als Künstlerin und Konzertpianistin im Zeitverlauf verändert?
Als Teenager wusste ich schon, dass mein Leben die Musik und meine Leidenschaft das Klavier sein wird. Von da an ging alles sehr schnell: Juilliard, Wettbewerbe, Konzerte, Festspiele und Plattenverträge. Ich erwähne Wettbewerbe nicht, weil ich sie liebe, sondern weil sie ein notwendiges Übel waren, wie mein Professor an der Juilliard School immer sagte. Nachdem ich Mutter von zwei Söhnen geworden war und das Leben in den Neunzigern einige Überraschungen bereithielt, musste ich in New Jersey eine Schule eröffnen. Dafür ließ ich mich für die frühkindliche Musikpädagogik zertifizieren. Innerhalb weniger Jahre hatte ich mehr als hundert Schüler*innen jeden Alters mit unterschiedlichsten Instrumenten bis zum Musiktheater. Diese Erfahrung war die wachstumsstärkste Unternehmung meines Lebens. In diesen Jahren begann ich, ernsthafter Jazz zu spielen und ich widmete mich Jazz-Transkriptionen und Interpretationen mit Boogie Woogie. Allmählich habe ich mein Spiel auf mehrere Stile erweitert. Dann traf ich den Jazzmeister Dick Hyman, der mich an der Hand nahm und mich bei seinen jährlichen New Yorker Konzerten vor ausverkauftem Publikum – mit ihm, aber auch solo – spielen ließ. Ich schätze, die Arbeit, auf die ich am meisten stolz bin, ist die Vielfalt der Musik, die ich gespielt und aufgenommen habe, von Chopin über Ravel und Beethoven und alle die wir studiert haben, bis hin zu Frank Bridge, Webern, und auch zeitgenössische amerikanische Komponisten. Jazz oder klassisch, Philip Glass, John Cage, Morton Feldman, Copland und Barber sowie Broadway, bis hin zu weihnachtlichen Arrangements und Transkriptionen von mir zu Duke Ellington, David Bowie, Billie Holiday, Joni Mitchell und viele mehr. Alle diese Arrangements wurden veröffentlicht und sind bei Hal Leonard verfügbar. Ich versuche, jede gute Musik zu spielen. Bei meinem letzten Konzert in New York ging es beispielsweise um das Thema Wasser, es enthielt Werke von Ravel, Rachmaninoff, Janáček und John Adams. Nach Duke Ellingtons berühmten Worten gibt es nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte.
Sie bewegen sich mit Ihrem Instrument sowohl im Bereich Klassik als auch in Jazz und Pop. Wie schafft man es, diese Genres zu verbinden?
Zunächst muss man echte Liebe und echtes Interesse für Pop und insbesondere Jazz haben. Ich erinnere mich, dass ich als Kind den gesamten Soundtrack der „West Side Story“ nach Gehör aufgeschnappt und abgespielt habe. Ich liebte es. Daher sind ein gutes Ohr und der echte Wunsch, über den Tellerrand zu blicken, unerlässlich. Ich hatte Glück, weil meine Lehrer mich nie davon abhielten, immer Neues zu entdecken. Mit diesem Interesse begann ich, die harmonischen Verläufe und melodischen Muster zu entdecken, auch in unterschiedlichen rhythmischen Disziplinen. Während ich mich als Musikerin entwickelte, konnte ich anfangen, Improvisation zu üben, was am schwierigsten ist, weil es einen anderen Teil des Gehirns beansprucht. Dann ist da noch die Angst, keine geschriebene Musik zu haben, die Sicherheit geben würde und was man frei erschafft, macht verletzlich. Ich erinnere mich an die Proben mit Dick Hyman. Er ließ mich erst am letzten Tag wissen, was wir spielen. Unvorstellbar! Er sagte: „Ich mache das hier und du kannst das dort machen.” Und so weiter… und alles passte zusammen. Ich vertraute ihm und er brachte mich dazu, mir selbst zu vertrauen. Wenn man ein aufgeschlossener Musiker ist, ist es wunderbar zu spielen, alle diese Klänge zu verstehen und zusammenzubringen. Nach der Pandemie gab ich ein Konzert in New York. Zu Lieder von David Bowie, die ich arrangierte, spielte ich mit meinem Freund, Christopher O`Riley, „Frühlingsopfer“ von Strawinsky. Für dieses Konzert habe ich auch den ersten Satz der Symphonie Nr. 1 von Philip Glass (bezogen auf das Album „Low“ von David Bowie) für zwei Klaviere arrangiert, die ich mit Jed Distler gespielt habe. Im Finale, die hervorragenden Arrangements von Jed Distler über Thelonius Monk und Radiohead arrangiert von Christopher O`Riley. Es ist also alles möglich. Jed Distler und Christopher O`Riley sind Musiker, die alle kennen sollten. Beide sind meisterhafte Komponisten und Pianisten, Arrangeure und Radiomoderatoren, Jed auch ein hochgeschätzter Kritiker. Wenn man gleichgesinnte Freunde findet, mit denen man zusammenarbeiten kann, ist es inspirierend und macht so viel Spaß. Ich liebe diese Atmosphäre.
Was würden Sie Ihrem jüngeren „Ich“ mit auf den Weg geben?
Oh, nutze einfach jede Gelegenheit, sie werden vielleicht nie wieder kommen. Verschwende keine Zeit, arbeite mehr, lese mehr. Es geht um Kunst, Kunst wird auch in den schwierigsten Zeiten immer da sein. Pflege sie immer.
Worin liegen die größten Unterschiede für eine Pianistin zwischen den USA und Österreich oder dem deutschsprachigen Raum?
Na ja, das erinnert mich an die unterschiedlichen Werte, die die Amerikanische und die Europäische Kultur vertreten. Aus eigener Erfahrung und im Austausch mit meinen amerikanischen Pianist*innen-Freunden, die viele Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet haben, weiß ich, dass Deutschland und Österreich im Bereich der Musik überlegen sind. Meine Freundin, die Pianistin Marioara Trifan bemerkte, dass die Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Finanzierung der Musikausbildung in Österreich und Deutschland vor allem in den letzten Jahren zu erstaunlichen Ergebnissen führten. Ich freue mich, dass Österreich bei der Wertschätzung klassischer Musik an der Spitze und auch Deutschland fast auf diesem Niveau liegt. Die Vereinigten Staaten gleichen dies durch die Großzügigkeit und Unterstützung von Stiftungen, privaten Mitteln und Initiativen aus. Die universitäre Ausbildung ist hier hervorragend, aber auch sehr teuer, während sie in Deutschland und Österreich praktisch kostenlos ist. Viel mehr Menge auf viel kleinerem Raum. Das sagt viel aus.
Sie sind selbst als Pädagogin tätig. Was hat sich über die Jahre in der Ausbildung verändert?
Ich hatte großes Glück, Lehrer aus der „goldenen Ära“ zu haben, einer Generation, die für immer vergangen ist. Ich meine, alle Wurzeln meiner Lehrer gehen auf Beethoven zurück, in meiner Zeit an der Juilliard hatte ich einen russischen Lehrer. Musikalische Ausbildung wird immer von hoher Qualität sein, solange die besten Lehrenden die Fackel an neue Talente kommender Generationen weitergeben, an Studierende, die dann das Gleiche wieder tun. Aber ich habe das Gefühl, dass ein Teil der Authentizität heutzutage in den technologischen Standards und Marathon ähnlichen Wettbewerben verloren geht. Ich fühle, dass junge Pianist*innen manchmal nach übermenschlichen Techniken streben und sie schätzen das vielleicht mehr als tiefe Kunst. Wahre Kunstfertigkeit und die Langlebigkeit einer Karriere hängen von tief empfundenem, lebenslangem Studium ab.
Was ist heute das Wichtige für Musik und Kunst? Was muss sich verändern?
Egal, wo Ihr Interesse liegt oder welchen Beruf Sie wählen, ein Umfeld mit künstlerischer Bildung in der Kindheit spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung eines jungen Menschen. Allerdings werden in den Vereinigten Staaten die Budgets für die künstlerische Bildung an Schulen gekürzt. Laut meiner Freundin, die viele Jahre im Deutschland gelebt hat, hält dieser Trend auch an deutschen Schulen Einzug. Es hängt so viel von der Familie ab, die Kunst und Musik in den Vordergrund stellt. Und es hängt auch von Kulturen, Wirtschaft und Gemeinschaften ab, wie wichtig und wertvoll Musik und Kunst für das Leben sind. Und doch eignen sich Künste nicht gut für harte Daten, etwas, das Pädagog*innen und politische Entscheidungsträger*innen benötigen, um den Unterricht in diesen Disziplinen in ihren Budgets zu rechtfertigen. Ein Professor der New York University hat festgestellt, dass Kunst eine viszerale Sache darstellt und wirklich schwer zu qualifizieren ist, was sie bedeutet. Da junge Menschen mittlerweile mit Social Media und mit künstlicher Intelligenz überschwemmt werden, ist es noch wichtiger geworden zu lernen, wie man kritisch und kreativ denken kann. Wie können wir eine glückliche Balance finden? Ich weiß es nicht.
Ihre Wünsche an die Zukunft?
Mein größter Wunsch ist es, das Mozarteum noch einmal zu besuchen. Am liebsten würde ich Konzerte geben, in beiden Genres, Jazz und Klassisch.
Wollen Sie uns sonst noch etwas mit auf den Weg geben?
Ich bedanke mich sehr für Ihre Zeit, und wünsche Euch allen im Mozarteum alles Gute.