Barbara Lindmayr - Bildende Künstlerin & Kunstpädagogin

01.03.2022
Alumni Story
Barbara Lindmayer | © Evelyn Kreinecker

Barbara Lindmayr ist bildende Künstlerin in den Bereichen Grafik, Malerei, Textiles und Objektkunst / Installationen. Seit ein paar Jahren gibt sie ihr Wissen als Kunstpädagogin an junge kunstinteressierte Menschen weiter. Sie hat in Salzburg, Linz und Leipzig studiert. Ein Auslandssemester führte sie an die Accademia di Belle Arti Venedig.

Barbara Lindmayr:
Bildende Künstlerin und Kunstpädagogin

Ottensheim

 

Du bist freischaffende Künstlerin und Kunstpädagogin? Wie kannst du beides vereinbaren und was ist das Schöne an deiner Arbeit?

Im pädagogischen Bereich bin ich relativ neu. Ich arbeite erst im vierten Jahr an der HBLA für künstlerische Gestaltung - eine berufsbildende Schule. Das bedeutet, die künstlerische Ausbildung ist der Schwerpunkt und das ist sehr herausfordernd. Schön ist das Soziale und Zwischenmenschliche am Unterrichten, die „kritischen Köpfe“, die ich treffe. Es ist eine wunderschöne Verknüpfung von Theorie und künstlerischer Praxis. Das war mir sehr wichtig. Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft haben mich während meines Studiums schon sehr interessiert. Durch die pädagogische Tätigkeit kann ich daran wieder anknüpfen. Das ist für meine praktische künstlerische Arbeit eine große Bereicherung. Ich habe auch an einem Gymnasium unterrichtet, das war aber nicht ganz mein Thema. Es kommt auf den Schultyp und den Lehrinhalt an. An der künstlerischen berufsbildenden Schule fühle ich mich eher „zuhause“. Hier kann ich meine Berufung leben, insofern bin ich sehr froh, dass sich diese Chance ergeben hat.

Wie findet man den richtigen Platz als Pädagogin?

Vor einer Anstellung absolviert man in der Regel ein Praktikum. Man merkt sehr rasch, ob der Schultyp und die Arbeit das Richtige sind.

Siehst du für die zukünftige Generation unserer Absolvent*innen Potential im pädagogischen Bereich?

Ja, sofern es keine weiteren Stundenkürzungen gibt. Technisches Werken und Textil wurde bereits zusammengelegt und es steht im Raum, dass auch die Bildenden Künste mit den anderen beiden zu einem Paket geschnürt werden sollen. Wenn dieser Plan umgesetzt wird, ist die Situation schwieriger. Wobei ich der Meinung bin, dass man das Handwerkliche, Kreative und Künstlerische nicht „wegrationalisieren“ darf! Es ist ein sehr wichtiger Bereich! Derzeit bekommen interessierte Absolvent*innen durchaus Anstellungen. Möglicherweise nicht gleich dort, wo man hinwill, aber die Wege sind prinzipiell offen. Soweit ich weiß, ist es in Tirol und Vorarlberg einfacher, in Oberösterreich und Salzburg ist es ein wenig schwieriger, aufgrund der örtlichen Ausbildungsstätten. Die Menschen wollen oft an diesen Orten bleiben.

Nun zu deinem künstlerischen Weg. Deine Arbeiten waren gerade in zwei Ausstellungen zu sehen.
Ein roter Faden durchzieht dein künstlerisches Schaffen. Unter dem Titel „Kumulationen“ kreierst du Rauminstallationen, Grafiken und Malerei. Du arbeitest in unterschiedlichen Techniken und mit unterschiedlichsten Materialen: Netzen, Garn, Stahlblech, Lack & Spachtelmasse, Kugelschreiber, Tusche, Öl, Acryl. Wie dürfen wir uns den Entstehungsprozess eines Projekts vorstellen? Was ist dir wichtig?

Mit der Linie und ihrer Anhäufung, mit Verdichtung und Auflösung von Schraffur und der Möglichkeit, damit Räumlichkeit zu suggerieren, beschäftige ich mich schon seit vielen Jahren. Gleichzeitig interessiert mich Wahrnehmung und Irritation, die Wirkung auf den Betrachter und dessen Interaktion, so wie die Dimensionen und der Einsatz verschiedener Materialien und Techniken in unkonventioneller Weise. Die Breite meiner künstlerischen Arbeit wurde bereits in meiner Ausbildung während meiner Schulzeit begründet. Damals entstand mein Bewusstsein für die unterschiedlichen Materialien. Während des Studiums habe ich mich mit Malerei und Grafik beschäftigt und die Textilkunst war von Beginn an wichtig und präsent für mich. Ich nähe auch meine Kleidung selbst. Das Handwerkliche ist sehr wichtig für mich. Eine einzelne Technik wäre mir rasch zu langweilig (lacht). Das eine führt sehr oft zum anderen, manchmal zufällig. Orangennetze faszinierten mich in ihrer Struktur und es gab Parallelen zu meinen Grafiken. So entstand die Idee „Netzinstallationen“ in den Raum zu setzen. Vieles muss man ausprobieren, um zu sehen, ob es funktioniert. Alle meine Arbeiten sind langwierig, die Muße muss bestehen bleiben. Der Weg zur Ausstellung ist ein nachgeordneter Schritt. Die Netzinstallationen habe ich unter anderem im Öffentlichen Raum gezeigt, so dass die Menschen im Vorbeigehen direkt darauf gestoßen werden. Sie erkennen das Material, mit dem sie oft zu tun haben, in anderem Kontext wieder. Ich möchte den Betrachter auffordern, genauer hinzuschauen. Einen analytischen Blick zu entwickeln und Dinge zu hinterfragen.

Spielt das Thema Nachhaltigkeit in deiner Arbeit eine Rolle?

Ich arbeite auch mit Öl und Acryl, aber natürlich überlege ich, welche Materialien wann zum Einsatz kommen. Die Arbeit mit den Netzen entspricht meiner Grundhaltung natürlich mehr. Der Umgang mit dem Material ist das wichtigste. Alltags- bzw. Wegwerfmaterial wird in meinen Arbeiten immer wieder unkonventionell eingesetzt.

Mit deinen Ausstellungen bist du regelmäßig im oberösterreichischen Raum vertreten. Wie findet man als junge*r Künstler*in einen geeigneten Ausstellungsraum?

Ein paar Räume sind auf mich zugekommen, ich hatte also Glück (lacht). So hat etwa eine Ausstellungsorganisatorin Arbeiten von mir gesehen und mir neue Ausstellungsflächen angeboten. Eines folgt dem anderen. Man darf nicht aufgeben, auch wenn es Phasen gibt, in denen es nicht so läuft. Ein gewisses Durchhaltevermögen braucht man schon. Ich bin unter anderem in einem Kunstverein aktiv und so konnten wir in den letzten Jahren „Leerstände“ in der Stadt zugänglich machen und für Ausstellungen nutzen. Das waren zudem „pandemiefreundliche“ Räume.

In den letzten beiden Jahren war vieles in der Kunst digital zu erleben. Welche Erfahrungen hast du persönlich damit gemacht?

Durch die digitalen Formate konnte man an vielen Dingen teilhaben, die man sonst nicht gesehen hätte. Sobald die Museen wieder geöffnet wurden, kamen die Menschen wieder mit Freude in die Ausstellungen. Das reale Erleben und die Wirkung eines Werkes können durch die digitale Welt nicht ersetzt werden. Aber natürlich hat das Digitale auch große Vorteile, es ist eine Ergänzung. Als Künstlerin war ich durch die Pandemie nicht eingeschränkt, im Bereich des Unterrichts sehr wohl. Von langen Schulschließungen bin ich nicht überzeugt. Das Zwischenmenschliche ist ein wesentlicher Faktor im Unterricht!

Welche Rahmenbedingungen brauchen bildende Künstler*innen aus deiner Sicht?

Einen anderen Stellenwert. Gerade in der Pflicht-Schule wird das künstlerische Fach als „Erholungsfach“ gesehen. Einerseits ist es gut, dass sich Jugendliche in einem Fach frei ohne Druck ausleben können, andererseits wird das Fach dadurch leider abgewertet. Dabei sind die Arbeit mit den Händen sowie die kreativen Prozesse so wichtig. Bedarf gibt es auch bei Ausschreibungen, Förderungen und Residencies sind nicht überall gleich zugänglich. Hier gibt es bestimmt noch Handlungsbedarf.

Wie ist das mit den Arbeitsräumen? Welche Räume sind verfügbar? Wie kommt man zu einem Atelier?

Leistbare Räume sind schwer zugänglich. Der Bedarf ist groß. Man kann Ateliergemeinschaften eingehen. Es gibt ein paar Stellen/Institutionen, die zu günstigen Konditionen, z.B. über Stipendien, Räume anbieten, das ist aber sicher noch zu wenig.

Was willst du den jungen Künstler*innen mit auf den Weg geben? Was ist aus deiner Sicht für eine künstlerische aber auch pädagogische Laufbahn wichtig?

Man sollte schon während des Studiums nach Möglichkeiten suchen. Solange man an der Universität ist, wird alles organisiert. Der Arbeitsraum, die Ausstellungen. Eine gewisse Planung der nächsten Schritte, egal ob Auslandsaufenthalt, Ausstellung, weiterführendes Studium, Praktikum etc. ist sicher empfehlenswert. Auslandsaufenthalte, möglichst über ein ganzes Jahr, möchte ich ausdrücklich empfehlen! Sie bereichern ungemein.

Wo hätte es im Studium noch mehr sein dürfen?

Wir wurden in der künstlerischen Praxis, im eigenen Tun sehr gut gefördert. Für das Unterrichten an einer Schule war es aber fast zu wenig. Aus heutiger Sicht hätte ich gerne noch mehr Techniken und Praktiken des Vermittelns kennen gelernt. Ich persönlich war über die Unterrichts-Situation an der Universität Mozarteum sehr froh, aber rückblickend hätte der pädagogische Unterricht noch facettenreicher sein können. Wobei es immer so sein wird, dass man sich vieles selbst erarbeiten muss. Ich kann sagen, dass meine Ausbildung keine reine „Lehrer*innen Ausbildung“ war – das war aber auch der Grund, warum ich mich für das Studium am Mozarteum entschieden habe. Es war so viel freier als anderswo. Die Entscheidung über Prioritäten muss aber jeder selbst treffen. Ich bin immer noch glücklich mit meiner getroffenen Entscheidung.

Du hast einen vielseitigen Ausbildungsweg absolviert. Dein Wissen gibst du an einer berufsbildenden Schule an junge Menschen weiter. War dein Berufsweg von Beginn an so geplant?

Nein, eigentlich wollte ich Kunst studieren. Das Pädagogische war die Absicherung, auf die meine Familie bestanden hat (lacht). Heute bin ich froh, dass ich es so gemacht habe. Der künstlerische Unterricht ist eine große Bereicherung für mich und nicht zuletzt persönlichkeitsbildend.

barbara-lindmayr.at

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