Für die österreichische Dramatikerin Elfriede Jelinek markiert Zschäpes Gerichtsprozess den Ankerpunkt ihres Stückes „Das schweigende Mädchen“. Jelinek geht es hier weniger darum, die Geschehnisse rund um den NSU zu wiederholen, oder die Perspektive der Täter oder der Opfer-Angehörigen darzustellen, nein, im Fokus stehen: wir. Die bürgerliche Mehrheitsgesellschaft. Die das Grundgesetz hochhaltende Judikative, für die die Würde des Menschen unantastbar bleibt. Wie kann sich eine wehrhafte Demokratie einem provokativen Schweigen entgegenstellen? Wie zur Wahrheitsfindung gelangen? Und möchten wir die Wahrheit um jeden Preis hören, auch wenn sie uns an das eigene Versagen erinnert?
Berichterstatter beschreiben die insgesamt 438 Verhandlungstage als „Tiefenbohrung in die deutsche Gesellschaft“. Nach dem Prozessbeginn im Jahr 2013 schreibt Elfriede Jelinek mit „Das schweigende Mädchen“ gegen das hartnäckige Schweigen der Hauptangeklagten Beate Zschäpe an und reflektiert unermüdlich den Umgang von Justiz und Gesellschaft mit den bis heute bestehenden Leerstellen dieses Falls. Damit legt Jelinek ein weiteres Mal den Finger auf die wunden Punkte der deutschen Nachkriegsgeschichte und der gesellschaftlichen Aufarbeitung der NSU-Morde.
Die Schauspielstudierenden des vierten Jahrgangs stellen sich den unbequemen Fragen dieses Falls und den Sprachgewittern Jelineks.