Paul Feigelfeld ist seit Oktober Univ.-Prof. für Digitalität und kulturelle Vermittlung am Institut für Open Arts der Universität Mozarteum. Er erforscht transkulturelle Ansätze zur Medien- und Wissensgeschichte, kritische Perspektiven auf Technologien und deren Schnittstellen zu Kunst und Design.
Körper, Kunst und Knight Rider
Hanna Binder ist Schauspielerin, Performance-Künstlerin und Musikerin, die auf der Bühne und im Film zuhause ist. Seit 1. September bringt sie ihre Leidenschaft für Körperarbeit und authentische Bühnenpräsenz als Universitätsprofessorin am Mozarteum in Salzburg ein. Mit vielseitiger Erfahrung aus Theater, Film und Tanz widmet sich Binder nun der Förderung junger Talente, immer mit einem Fokus auf die körperliche Ausdruckskraft und die Menschlichkeit, die das Theater so besonders macht.
Wie ist dein Karriereweg verlaufen? War er geradlinig geplant oder eher unvorhersehbar?
Ich habe an der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen begonnen. Diese haben ein Projekt an meiner Schule gemacht, das sehr performativ war. Da dachte ich: „Ja, das ist Theater!“ Wir haben dann zusammen drei Projekte gemacht, und ich wurde nach Gießen eingeladen – wo zufällig auch Marina Abramović war. Ich wusste sofort, dass das der richtige Weg für mich war. Meine Eltern kommen aus Rumänien, ich bin Deutsch-Rumänin, und Theater spielte bei uns keine Rolle. Ich habe mich heimlich an Schauspielschulen beworben und bin in Berlin gelandet, wo ich ziemlich geschockt war, als ich herausfand, wie klassisch und konservativ es dort zuging. Bevor ich anfing, war ich vielleicht zweimal im Theater. Es war beeindruckend, aber nicht mein Ding. Ich wusste schon früh, dass ich viel mit meinem Körper arbeiten möchte. Im Laufe der Jahre habe ich immer wieder eigene Projekte gemacht, Monologe oder kleine Performances in Bars. Das war oft absurd, aber es war ein wichtiger Teil meines Weges. In den letzten vier bis fünf Jahren bin ich dann in die Performancekunst und den Tanz übergegangen, aber war nie auf eine klassische Karriere fixiert. An der Schauspielschule gab es den typischen Werdegang: Zuerst ein Engagement an einem kleineren Theater, dann an einem größeren. Es gab bei uns den Spruch: „Es ist nicht schlimm, wenn du jetzt nicht ins große Theater kommst – aber in fünf Jahren sollte es soweit sein!“ Nach fünf Jahren dachte ich mir dann: „Ey, Alter, ich bin irgendwo!“
Ich habe immer nach etwas Lebendigem gesucht, nach dem Spielerischen. Das war mein Weg, mit vielen Kurven und Umwegen. Ich habe jede Form von Theater durchlaufen, sei es als Gast oder im festen Engagement. Oft habe ich es bewusst vorgezogen, als Gast zu arbeiten, weil ich so auch andere Projekte nebenbei machen konnte.
War es dir also wichtiger, den Weg selbst zu genießen, als ein festes Ziel zu verfolgen?
Jeder Karriereweg ist anders, besonders in der Kunst. Es kann sein, dass der Durchbruch sofort kommt, oder dass sich alles eher zufällig entwickelt. Ich war von Anfang an viel im Theater, habe mir viele Stücke angesehen und mit Menschen darüber gesprochen, was mir gefällt. So bin ich immer wieder auf Projekte und Rollen gestoßen. Ich glaube, wenn man den richtigen Blick auf die Dinge hat, kann nicht viel schiefgehen. Mein Interesse lag immer eher bei den Ensembles und weniger bei der Karriere an sich. In diesem Umfeld fühle ich mich wohler.
Gibt es in deiner Arbeit Themen oder Motive, die sich wiederholen?
Ja, auf jeden Fall. Der Körper spielt eine zentrale Rolle in meiner Arbeit. Mich interessiert, wie das „Ich“ im Körper verhaftet ist und wie der Körper natürliche Grenzen hat, die man nicht überschreiten kann. Ich habe oft versucht, diese Grenzen zu sprengen, und dabei habe ich mir häufig wehgetan. Früher war ich nicht besonders achtsam mit meinem Körper, aber mit der Erfahrung ist das anders geworden. Ich denke, das ist typisch für die Jugend: Man ist risikobereiter und weniger vorsichtig. Heute habe ich eine sanftere Beziehung zu meinem Körper (lacht). Was mich am Körper fasziniert, ist, dass man mit ihm so viel ausdrücken kann, ohne viel zu brauchen. Es ist eine Kunstform, die es schon seit Jahrtausenden gibt, und trotzdem ist es immer noch spannend, weil sich sowohl der Körper als auch die Zeit, in der wir leben, verändern. Der Körper ist ein Spiegel der Realität, und auf der Bühne zeigt er diese Realität am ehrlichsten. Deshalb finde ich die Arbeit an der Uni so toll, das Lernen, mit dem eigenen Körper so umzugehen, Das macht einfach Spaß.
Seit September bist du am Thomas Bernhard Institut tätig: Mit welchen Erwartungen bist du an deine Arbeit als Professorin am Mozarteum herangegangen?
Ich habe keine starren Erwartungen, sondern lasse die Dinge auf mich zukommen. Natürlich bringe ich meine Erfahrung mit, aber ich möchte offen für das bleiben, was in der Zusammenarbeit mit den Studierenden entsteht. Wichtig ist mir, dass es auf der Bühne immer um die Menschen geht. Mich fasziniert es, wenn echte Menschlichkeit spürbar wird. Diese Echtheit und Authentizität ist meiner Meinung nach der Kern einer kraftvollen Bühnenpräsenz, und das möchte ich fördern. Für mich ist es ein Erfolg, wenn die Studierenden voll bei der Sache sind – mit Körper, Geist und Emotion. Das kann richtig intensiv werden, und genau das macht die Magie des Theaters aus. Ich finde es auch spannend, wie kleinere, moderne Projekte in manchen Städten so viel Anklang finden. Ich freue mich, wenn wir diese Lebendigkeit am Mozarteum spüren – wenn das Publikum nicht nur kommt, weil etwas „cool“ oder „hip“ ist, sondern weil es wirklich bewegt. Theater, das alle Altersgruppen anspricht und etwas in den Menschen auslöst – das ist mein Ziel.
Du hast so viele Rollen inne: Musikerin, Schauspielerin, Tänzerin, Professorin. Gibt es noch etwas, das du lernen möchtest?
Vor Kurzem bin ich Mutter geworden. Das hat natürlich vieles verändert, aber auch neue Perspektiven eröffnet. Bei einem Hearing bin ich auf eine polnische Performance-Künstlerin gestoßen, die viel mit dem Thema Mutterschaft arbeitet. Ich könnte mir gut vorstellen, einen Monolog oder ein Solo-Stück zu diesem Thema zu machen. Es gibt so viele Geschichten, die sich um das Muttersein und die Arbeit als Künstlerin drehen. Ich bin jetzt 39, ein Alter, in dem es völlig normal ist, ein Kind zu bekommen. Dennoch verändert das alles – es ist wunderschön, aber auch herausfordernd. Besonders, wenn man als Künstlerin in der Öffentlichkeit steht. Bei einem Tanzworkshop während des Impulstanz-Festivals war mein Baby dabei, und die Reaktionen darauf waren positiv. Viele fanden es ungewöhnlich, aber es war wichtig, zu zeigen, dass man auch mit einem Baby ganz normale Dinge machen kann. Ich denke, das sollte man sichtbarer machen.
Du hast mal gesagt, du würdest gerne David Hasselhoff in einem „Knight Rider“-Remake spielen. Ist das noch aktuell?
Ja, auf jeden Fall! Das will ich immer noch machen. Diese Art von Filmen wird für mich einfach nicht geschrieben. Im Theater habe ich immer meinen Ausdruck gefunden, aber im Filmgeschäft bin ich nie groß rausgekommen, weil ich früh nicht wusste, wo ich hingehöre. Eine deutsche, weibliche Version von „Knight Rider“ – das wäre etwas! Ich hoffe, dass sich irgendwann die Möglichkeit ergibt, in so einem coolen Film mitzuspielen. Aber bisher hat es sich einfach noch nicht ergeben.
Was wirst du als erstes am Mozarteum inszenieren?
Im nächsten Sommer werde ich einen „Jedermann“ inszenieren, und das beschäftigt mich schon jetzt. Ich freue mich wahnsinnig darauf, weil es ein Stück ist, das ich schon immer einmal inszenieren wollte. Zuerst war es nur eine witzige Idee, aber die Studierenden haben das sofort aufgegriffen, und jetzt wird es ernst. Aber natürlich bleibt es auch humorvoll. Wir werden das Ganze im ehemaligen Cineplaxx am Salzburegr Hauptbahnhof aufführen, und ich bin gespannt, was dabei herauskommt. „Jedermann“ ist sehr klassisch und passt wunderbar nach Salzburg. Ich kann es kaum erwarten, diese Inszenierung zu starten!
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Was fasziniert dich an deiner Arbeit?
Die Freude.
Was kann Theater, was anderes nicht kann?
Ich bin assoziativ bei Schneewittchen, aber ich weiß nicht warum.
Worüber freust du dich?
Eigentlich total banal: Wenn sich jemand anderes freut, freue ich mich auch.
Worüber ärgerst du dich?
Rassismus, Ignoranz, Engstirniges Denken regen mich auf. Eh vieles. Alles was einengend ist eigentlich. Man bleibt in so einem kleinen, starren Blickwinkel, statt sich zu öffnen und Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Bei Rassismus merkt man das besonders. Es geht immer nur darum, Menschen in Schubladen zu stecken, statt sie wirklich zu verstehen. Das macht mich wirklich wütend, weil es so viel kaputt macht und so unnötig ist.
Was möchtest du noch Neues lernen?
Ich möchte immer noch Handstand lernen, da bin ich schon jahrelang dran. Ich wollte früher als Kind freihändig Fahrrad fahren, dann auf den Finger pfeifen, Handstand und Fallschirmspringen muss ich eigentlich auch noch.
Was sagst du dir, wenn es mal schwierig wird?
Ich denk mich oft ins Universum rein und dann werde ich so unglaublich klein, dass viele Probleme eh keinen Platz mehr haben, oder vollkommen unwichtig sind. Im Moment bleiben hilft oft, atmen, das Problem im Körper spüren, es akzeptieren, danach singen oder tanzen.
Was ist Salzburg für dich?
Salzburg ist für mich ein Ort voller Kontraste. Als ich Gast war, habe ich in Elsbethen gewohnt, deshalb war es für mich immer dieser Fahrradweg dorthin, der mir Salzburg nähergebracht hat. Es riecht hier einfach gut, die Luft ist frisch, und die Umgebung hat so etwas Beruhigendes. Gleichzeitig fallen mir aber auch die Leute am Bahnhof auf, Leute die auf der Straße leben, Alkohol, Verzweiflung. Mir fällt auch der Hass gegen Ausländer auf und das Geld, das manche blind macht für Solidarität und Miteinander, obwohl ich denke, dass das das Einzige ist, was wir in der Zukunft brauchen. Das macht mich nachdenklich, weil ich mich frage, woher das kommt und wie es weitergeht.
Was ist dein Lieblingsobjekt?
Ich habe eine Glaskugel, in der eine Pusteblume eingefasst ist. Ich habe sie mal in einem Museumsshop gekauft und frage mich bis heute, wie sie es geschafft haben, diese Pusteblume so zu verplastifizieren. Falls also jemand in Salzburg weiß, wie das gemacht wird: Sachdienliche Hinweise sind willkommen!
Hat Bruce Springsteen jemals zugesagt?
Der hat öfters zusagt, aber ist nie gekommen.