Deutschland muss sterben! (Arbeitstitel)

Do. 3.10.2024—Sa. 12.10.2024
Schauspiel
Deutschland muss sterben! (Arbeitstitel)
Do. 3.10.2024 — Sa. 12.10.2024

Ich habe in meiner Kindheit viel Zeit bei meinen Großeltern verbracht - die sind leider heute Abend nicht hier, weil sie alt und gebrechlich sind. Aber sie sind einer der Gründe, warum ich überhaupt hier bin. Mein Opa hat mir das Interesse für Geschichte beigebracht. Der Mann ist als Kind geflohen vor dem Krieg. Das Haus in Lübeck ausgebombt und ausgebrannt. Als mein Opa sich noch besser an Sachen erinnern konnte und nicht alles durch den Tüddel gebracht hat, hat er mir viel davon erzählt.

von Paulo Jamil Sieweck
Diplominszenierung des Abschlussjahrgangs Regie
im Theatrum, 3. Stock (Probebühne 2)

Als ich so ungefähr acht war, hat er mir erzählt, wie das war, als das Haus ausgebombt wurde. Mitten in der Nacht sind Bomben gefallen. Brandbomben. Sie haben die Tannenbäume genannt, weil sie in der Dunkelheit leuchten und wenn sie landen, brennt alles nieder, was in ihrer Nähe ist. Auf jeden Fall ist so eine Bombe gefallen, irgendwo in der Nähe, und mein Opa und sein Bruder waren 4 Jahre alt und haben im Bett gelegen. Fenster sind geborsten und überall lagen Scherben. Und dann sind die in den Keller gerannt, kleine Kinder mit kleinen weichen Kinderfüßen, die über Scherben in den Keller rennen. Wahrscheinlich weinend und schreiend, aber sich selber, den Bruder und die Mutter nicht hörend, weil die Druckwelle das Trommelfell eingedrückt hat. Mein Opa hat mir diese Geschichte oft erzählt. Und wenn ich an diese Geschichte denke, dann fühlt es sich manchmal so an, als wäre es auch meine Geschichte. Es kommt mir so lebendig vor, als wäre ich dabei gewesen am 29. März 1942. Als wären das meine kleinen Füße gewesen und ich hätte geweint und niemand, nicht mal ich hätte mich gehört.

Regie & Text: Paulo Jamil Sieweck
Bühne: Nogati Udayana
Kostüm: Emilie Wünsch
Dramaturgie: Tom Heitmann

Betreuung: Elmar Goerden

Ensemble:
Luise Arnold, Linda Bokshi, Victoria Kraft, Joseph Lang, Theo Thun, Paulo Jamil Sieweck